Reviews | By Rigobert Dittmann / Bad Alchemy Magazin (104)
11min | snow
Da sitze ich und starre, wie Parzival auf drei Blutstropfen im Schnee, auf den schwarzen Schnee von snow (GrD 31, LP) und komme erst Flocke für Flocke dahinter, dass sie vom Nachthimmel fallen und dass 11m nicht 11 Minuten meint, sondern das Seouler Duo von Jiyeon Kim = 11 und Sangyong Min. Zwei, die auch schon, meditativ und nostalgisch, „Transparent Music“ (2017) hingetüpfelt haben, nachdem 11 allein ihre „11 EP“ (2014) als poppige Singer-Songwriterin geschmachtet hatte. Die transparente Musik spielt 11 jedoch auf dem Piano, ostinat klimpernde Muster, die zwischen Satie, Debussy und New Simplicity changieren, besonders wenn Min mit seinem Drumming pausiert. []

 

Tim Ingold & Carmen Pardo & Mikel R. Nieto | A soft hiss of this world
[…] 11s Cover für „snow“ ist wie ein Einzelbild aus MIKEL R. NIETOs Videoessay „Citizen Kane“. Über Schnee im Stummfilm (Alice Guys ‚L’Hiver, danse de la neige‘) und bei Debussy (‚La neige danse‘). Über Schnee als Borromäischer Knoten aus Naturphänomen, Erinnerung & Tod, zwischen kristallisierter H2O-Physik, Johannes Keplers „Neujahrsgabe oder Über den sechseckigen Schnee“ (1611), Ernst Haeckels „Kristallseelen“ (1917), Conrad Aikens „Silent Snow, Secret Snow“ (1934), Yoko Onos ‚Listen, the snow is falling‘ (1969). Mit André Bazins ‚Il neige sur le cinéma‘ (1948) als Spur hin zur Schneekugel von „Citizen Kane“. Schnee bricht den Schlafzauber der Wicked Witch of the West, DiCaprio bricht mit seinem „The Revenant“-Oscar eine Lanze für mehr Schnee, und das Geheimnis von ‚Rosebud‘ quillt als schwarzer Rauch wie aus einem Auschwitz-Krematorium. []